Unsere Erlebnisse bei der Dakar 2009

Ein Tag bei den Helden der Dakar

Text:    Angelica Weiss

Bilder: Bruno Emori

Die berühmteste und härteste Rallye der Welt hat dieses Jahr einen neuen grossen Spielplatz in Südamerika gefunden. Die Strecke führt quer durch Argentinien und Chile. Die Strecke führt nicht nur zweimal über die Anden sondern auch noch durch die berüchtigte Atacama Wüste und endet nach knapp 10´000 km in Buenos Aires.

Da wir jeweils dem Schweizer Winter entfliehen und in der Nähe von Cordoba leben, ist das natürlich für uns eine einmalige Gelegenheit, bei einer Etappe dabei zu sein. Als dann noch klar ist, dass eine Etappe von La Rioja nach Cordoba führt, geht das grosse Raten los, wo die Fahrzeuge durchfahren werden. Die Provinz Cordoba ist viermal so gross wie die Schweiz. Also kein leichtes Unterfangen.

Als Erstes war der Ort für das Biwak bekannt und wilde Gerüchte, wo die Strecke durchführt, machten die Runde. Anhand von Fernsehbildern versuchen wir herauszufinden, wo genau die braune Linie durchführt. Dann endlich ist die Strecke auch auf der Homepage des Veranstalters zu finden. Verglichen mit der Strassenkarte von Cordoba, ist die Streckenführung immer noch sehr vage. Unsere Ortskenntnisse helfen uns jedoch sehr. Es sind keine 30 Kilometer bis zum nächsten Streckenpunkt.

Mittwoch, 07. Januar 2009

Wir wollen die Strecke mit dem Motorrad (Honda NX 650) und dem Quad (Yamaha 350 Raptor) abfahren. Dazu brauchen wir Unterstützung wie die Profis. Ariel, ein Freund von uns, muss mit unserem Ford Ranger zu einem bestimmten Punkt fahren, um dort mit Benzinkanister und Esswaren auf uns zu warten. Der Tag fängt gut an, mit einem Regenguss. Also verschieben wir die Abfahrt um 2 Stunden. Dann hält uns nichts mehr. La Cumbre - Rio Pintos und bei El Puente, CP 5 gehen wir auf die Dakarstrecke. Wir fahren zwar entgegen der Richtung, in der die Helden Vollgas geben, aber Gas geben, können wir auch. Keine Menschenseele auf der Piste, keine Kuh und auch kein anderes Tier. Unsere mit GPS gemessene Höchstgeschwindigkeit ist 110 km/h. Nur der Regen holt uns wieder ein.

Wir haben hier immer ein Problem bei Regen, der nichts mit nassen Kleidern zu tun hat, vielmehr mit den Flüssen. Es gibt ab und zu Furten, die man durchfahren muss. Und wenn die naturbelassenen Flüsse viel Wasser führen, sind sie oft unpassierbar.

Die Idee dieser Ausfahrt ist auch, unseren Zuschauerstandpunkt zu suchen. In Characato halten wir bei einer Estancia an, dessen Besitzer wir kennen, um zu fragen, ob er uns wohl einen Stellplatz für das Auto gibt und wir dort 2 Tage verbringen können. Irgendwo auf den 4200 Hektaren ist er zurzeit gerade unterwegs und wir verschieben den Besuch auf einen anderen Tag. Schliesslich haben wir schon über 130 Kilometer abgespult und möchten gerne vor dem nächsten Regen wieder zuhause sein.

Dienstag, 13. Januar 2009

Für die 13. Etappe fahren wir an einem 13. wieder nach Characato, diesmal mit dem Auto. Auf der Höhe von La Falda, überholt uns das erste Dakar-Auto. Es ist der Mitsubishi von Gabriel Pozzo, dem Argentinier, der bereits aufgegeben hat. Wir nehmen das als gutes Omen. Don Raúl treffen wir nicht, aber seine Frau Memu empfängt uns freundlich, erklärt, dass sie noch mehr Leute erwarten, Familie und ein paar Gäste und ja, wir könnten gerne bei ihnen campieren. Nur, wenn wir rechtzeitig vor Strassensperrung einfahren wollten, müssten wir morgen schon zu ihnen auf die Estancia kommen. Sie hätte bereits mit der Organisation gesprochen und diese habe ihr die Sicherheitsvorkehrungen erklärt.  Auf der Rückfahrt steigt die Nervosität.

Mittwoch, 14. Januar 2009

Der ganze Tag steht im Zeichen der Vorbereitung. Wir sind nicht gerade für campen im Freien ausgerüstet, suchen Ausrüstung zusammen und kaufen mal für 3 Tage Esswaren ein. Wir leihen uns im Hotel zwei Matratzen, packen Moskitonetz, Schlafsäcke und Wolldecken ein, was man halt sonst noch so braucht. Ein Zelt haben wir nicht, aber davon lassen wir uns die Vorfreude nicht verderben.

Um 17 Uhr brechen wir auf und fahren zur 60 Kilometer entfernten Estancia. Auf 1250 m Höhe über Meer liegt ein fantastisches Paradies, völlig naturbelassen und ohne Strom. Kondore kreisen über unseren Köpfen, Schafe weiden auf grünen Wiesen, trinkbares und kristallklares Wasser fliesst überall aus den Steinen hervor.

Auf der Estancia Characato gibt es neben dem Hauptgebäude noch ein kleines Rancho mit 4 einfachen Zimmern. Diese sind schon seit Monaten für eine Gruppe von Franzosen reserviert, die mit dem Auto die Rallye als Zuschauer verfolgen und die nach der 13. Etappe dort übernachten.

Als wir dort ankommen, ist auch schon eine Delegation einer Grossfamilie dabei, ihre Infrastruktur aufzubauen. Argentinier sind absolute Motorsportfanatiker. Zu den einzelnen Primes der WRC bewegen sich in der Provinz Cordoba nicht selten mehr als 1 Million Zuschauer. Die Technologie dieser rallyeerprobten Zuschauer ist beeindruckend. Ein kleiner Generator für Strom, ein transportabler Holzofen zum Braten und Backen, ein Koch- und Esszelt, Schlafzelte und jede Menge Fleisch. Als Erstes werden wir von unseren Campernachbarn gefragt, ob wir auch genug zu essen dabei hätten. Keine ungewöhnliche Frage für einen Argentinier, der bei einem Asado (Barbecue) ein halbes Kilo Fleisch vertilgt. Und an so einem Anlass isst man zwei Asados pro Tag. Die Besitzerfamilie stellt jede Menge Holz zur Verfügung und ein zentrales Feuer wird Tag und Nacht unterhalten.

Nach dem Abendessen sollten die Matratze auf die Ladefläche des Pick-up gelegt werden, damit wir dann die Nacht gemütlich unter dem Sternenhimmel in den Schlafsäcken verbringen. Daraus wird nichts, weil ein heftiges Gewitter im Anzug ist. Gegen Mitternacht blitzt es schon rundherum und ein heftiger Wind kommt auf. Wir suchen Zuflucht im Ranchhaus. Zusammen mit der Besitzerin Emilia entkorken wir eine Flasche Wein. Im Unwetter kommen die restlichen Mitglieder unserer Camperfreunde an. Ihre Zelte sind absolut unwetterfest. Aber nichts hält sie davon ab, mit ihrem Fest weiterzumachen. Hagel und heftiger Regen auf dem Blechdach erweichen dann das Herz von Emilia und sie stellt uns eines der Zimmer, die exklusiv für die Franzosen reserviert sind, zur Verfügung. So können wir ein paar Stunden friedlich und trocken schlafen.

Donnerstag, 15. Januar 2009

Strahlender Sonnenschein löst eine stürmische Nacht ab. Ein offizielles Auto der Organisation wird gesichtet und löst bereits Begeisterungsstürme aus. Sie teilen uns mit, dass die Zufahrtsstrassen in das Gebiet bereits gesperrt sind und sich beim VIP-Zelt in der Pampa de Olaen durch die vielen Zuschauer bereits ein kleines Dorf gebildet hat. Die Strassensperrung erklärt auch, warum sich unser improvisierter Campingplatz nicht mit mehr Leuten füllt.

Langweilig wird es uns auf der Estancia in den Bergen nicht. Wir haben keine Verpflichtungen, können den kreisenden Kondoren zusehen, Schafe zählen oder einfach ein wenig spazieren gehen. Natürlich nutzen wir die Gelegenheit, um den „besten“ Standplatz für den morgigen Tag zu suchen. Das Eingangstor der Estancia ist ungefähr 3 Meter von der Piste entfernt. Wäre ja schon mal nicht schlecht, aber die Kurve ist dort nicht so gut einsehbar. Bei der Kurve sieht man sicherlich viel, aber dort hat man keinen Einblick mehr auf den kleinen Sprung und sieht sie nicht weiterfahren. Auf den Felsen wird es morgen sicherlich sehr heiss. Und wenn man dann nicht mehr die Strecke kreuzen kann, ist der Zugang zu unseren Getränkeboxen abgeschnitten ... Also, wir entscheiden das morgen und hauen erst mal ein Stück Fleisch zwischen die Kiemen.

Vor dem Eindunkeln fahren noch 3 Minibusse mit etwa 50 Polizisten vor. Auch sie zünden ein Feuer an und grillieren ihre Fleischstücke. Die Organisation hatte mit mehr Leute auf der Estancia gerechnet, die kontrolliert werden müssen.

Die Nacht kündigt sich mit einem fantastischen Sternenhimmel an. Das Bett ist auch schon bereit und nach einem gemütlichen Schlummertrunk zusammen mit unseren neuen Freunden am grossen Feuer, schlüpfen wir in die Schlafsäcke. Es schläft sich herrlich an der frischen Luft. Von unseren argentinischen Nachbarn hören wir noch eine Weile Kommentare zum Truco, einem Kartenspiel, das hier so verbreitet ist, wie in der Schweiz das Jassen oder in Deutschland der Skat.

Freitag, 16. Januar 2009

Auf dem Campo wacht man mit den ersten Sonnenstrahlen auf. Geweckt werden wir nicht durch den Ruf des Hahns, sondern durch das Geschnatter der Gänse, die direkt neben unserem Bett ein wenig weiden. Etwas weiter weg auf der Wiese hat sich eine Gruppe Schafe versammelt, die später an einen sicheren Ort getrieben werden.

Das Feuer hat noch genug Glut, damit wir unseren Wasserkessel hinein stellen können, denn auf Kaffee zum Frühstück möchten wir nicht verzichten. Auf meinem Spickzettel hatte ich die Startzeit aufgeschrieben, aber ein Blick mit dem Handy-Telefon ins Internet zeigt, dass die Strecke wegen der angeschwollenen Flüsse verkürzt und der Startpunkt verschoben wurde. Die Verbindungsstrecke wurde verlängert. Wir denken gleich an all die Fans, die an der nun ausgelassenen Strecke vergebens auf die Fahrzeuge warten.

Aus einem kleinen Radio wird diese Änderung von einem Lokalsender ausführlich kommentiert. Nur über die Startzeit gibt es wilde Gerüchte. Da wir die Strecke kennen, können wir ungefähr ausrechnen, wann der Erste an uns vorbeifährt. Nun steigen die Wetten, wer wohl der Erste sein wird. Für mich steht fest: Ich setze auf Cyril Depres mit der Nummer 1.

Der erste Helikopter wird gesichtet. Dann die ersten beiden Flugzeuge. Es geht los. Unsere Nachbarn ziehen aus mit einer riesigen Landesfahne, Kühlboxen, Stühlen Kind und Kegel. Wir beschliessen direkt beim Eingangstor zu bleiben, weil dort ein kleiner Sprung ist.

Ein wildes Jubeln und ein Donnergrollen kündet die erste Maschine an. Ich kann es nicht glauben, als ich die Nummer 1 auf dem Motorrad sehe. Keine drei Meter von mir entfernt nimmt Cyril Depres mit angehobenem Vorderrad den kleinen Sprung. Lange kann ich dieses Gefühl nicht auskosten, denn ein paar Sekunden später preschen die Verfolger Marco Coma und David Casteu vorbei. Es geht Schlag auf Schlag. Bruno fotografiert, staunt und jubelt genau wie alle anderen. Ein paar Piloten haben sogar Zeit, die Hand vom Lenker zu nehmen für einen kurzen Gruss.

Philippe Cottet, Jean-Luc Fonjallaz und Robert Knecht waren die verbliebenen Schweizer Motorradfahrer. Wir sind ausgerüstet mit einem roten T-Shirt mit Schweizer-Kreuz, um den Helden, die sich bis hierher durchgekämpft haben, ihre Landesfahne zu schwenken. Als Erstes kommt Philippe. Er schaut, winkt und dreht sich nochmals erstaunt herum, um den Gruss zu wiederholen. Wir wünschen ihm einen starken Rückenwind und viel Glück.

Eine grössere Staubwolke als gewöhnlich kündet an, nun kommen meine wahren Helden. Die Quadfahrer. Es sind noch 12 Fahrer und 2 Fahrerinnen im Rennen. Mein Favorit ist der Argentinier Marco Patronelli, der mit seiner Can-Am Renegade unterwegs ist. Aber als Erstes kommt eine Suzuki um die Kurve geschlittert. Avendano wird verfolgt von Machacek. Wir schwenken unser T-Shirt und werden von den Piloten zurückgegrüsst.

Jetzt ist das Feld schon gemischt mit Motorrädern und Quads. Sogar Elisabeth Kraft mit ihrer Polaris können wir live an uns vorbeifahren sehen. Aber die KTM von der Italienerin Camelia Liparoti fehlt. Sie musste an diesem Tag das Handtuch werfen.

Inmitten von diesem Trubel hören wir, wie ausserhalb von unserem Sichtfeld ein Motor ausgeht. Und nun kommen die argentinischen Zuschauer zum Zug. Unser Zeltnachbar rennt an uns vorbei. Er braucht einen 14er Gabelschlüssel. Er ist nicht nur Mechaniker, sondern wurde von seinem Vater zum Englischunterricht gezwungen. So kann er sich mit dem türkischen Fahrer verständigen. Nummer 123 kommt um die Kurve gedonnert und dreht um. Robert van Olst umarmt seinen havarierten Kollegen und fährt dann weiter. Das ist die Solidarität unter den Fahrern, wie sie oft an der Dakar-Rallye geschildert wird.

Der nächste Akt der Solidarität kommt um die Ecke gefahren. Der Chilene „Chaleco“ Lopez wird von einem anderen Kollegen am Seil über die Strecke gezogen, weil sein Motor den Geist aufgegeben hat. Wir klatschen beiden Beifall. „Chaleco“ Lopez musste dann ein paar Kilometer weiter von unserem Standort den hässlichen roten Knopf drücken, mit dem er die Aufgabe an die Rennleitung bestätigt. Was wir erst später erfahren haben, er hat sich mit dem Vorderrad immer wieder im Abschleppseil verheddert und ist mehrmals gestürzt. Er konnte nicht mehr, hatte jede Chance auf das Podest verloren und entschied sich, aufzugeben.

Wir warten immer noch auf Marco Patronelli. Es wurde inzwischen kommentiert, dass er sich vernavigiert hat. Das stimmt so nicht ganz. Er hatte einen Plattfuss und musste ein Rad wechseln. Er konnte nur noch gewinnen, wenn sein grösster Konkurrent Machacek ausfällt. Eine weitere grössere Staubwolke kündet an, dass nun etwas Gelbes um die Ecken kommen muss. Der Jubel weiter vorne stehender Zuschauer zeigt an, dass der Nationalheld mit dem Quad kommt. Für mich ist es wirklich erstaunlich zu sehen, wie locker der Typ auf seiner Renegade hockt. Macht irgendwie den Eindruck, als ob er spazieren fährt. Ich schreie ihm zu „DALE“ (mach schon!) Aber der Typ hebt die Hand zum Gruss und betätigt die Pumpe an seinem Camelbak um einen Schluck zu trinken. Das sind eben die Nerven, die man haben muss, um mit einem Quad an der Dakar teilzunehmen. In den Interviews am Fernsehen hat er öfter mal gesagt, dass er eigentlich ein wenig schneller fahren könnte. Er wollte sein Material nicht überbeanspruchen oder er sah, wie andere sich mit den Autos überschlugen, also habe er ein wenig Gas zurückgenommen. Vorne an seinem Quad kann man sehen, dass er noch einen Reserve-Antriebsriemen hat. Er hatte nie ein einziges technisches Problem mit seiner Renegade, ausser ein paar Reifenschäden.

Inzwischen kehrt wieder Stille ein. Weiter im Tal unten sehen wir einen Helikopter fliegen. Wo sind die Autos? Der Magen knurrt. Es ist Zeit, um schnell an den Grill zu gehen und sich ein saftiges Stück Fleisch in den Mund zu schieben.

Nach zehn Minuten flitzen die VW Touaregs im Formationsflug an uns vorbei. Angeführt vom Team De Villier / Zitzewitz. Wir haben den beiden schon seit Tagen die Daumen gedrückt, weil wir Dirk von Zitzewitz an einem Vortrag in der Schweiz persönlich getroffen haben. Schon vor zwei Jahren gab es das Gerücht, dass die Dakar nach Argentinien kommen sollte. Und nun fahren die beiden quasi vor unserer Haustüre vorbei.

Der Hummer von Roby Gordon nimmt „unsere“ Kurve auf zwei Rädern. Das Gejubel der Zuschauer ist lauter als das Gedröhne des Motors. Der Mitsubishi von Nani Roma wird ein wenig leiser bejubelt. Dann schwenken wir unser T-Shirt für einen Nissan, haben ja selber einen in der Schweiz.

Wir vergessen die brennende Sonne, die Hitze, den Staub, und ich bin auch noch stolz auf den Dreck auf meinem Dakar-T-Shirt. Als ich es vor zwei Jahren geschenkt bekommen habe, hätte ich mir nie erträumen können, dass ich es mal an einer Etappe tragen würde.

Nun sind die Trucks im Anrollen. Wir wechseln unseren Standort, weil wir mitbekommen haben, dass ein Auto irgendwo in der Nähe stecken geblieben ist. Alexej Berkut und Anton Nikolaev liegen unter dem aufgebockten Mitsubishi Pajero. Zum Glück verstehen wir kein Russisch, denn die beiden unterhalten sich ein wenig bösartig.

Die Trucks donnern vorbei und die beiden Russen bringen das Auto wieder in Gang, müssen sich aber jetzt in die Kolonne der wilden Bestien einreihen. Inzwischen ist unsere Kurve ein wenig abgeändert. Es haben sich grosse Gräben gebildet, knietief. Wir haben uns in der Innenseite der Kurve aufgestellt und fordern zusammen mit anderen Zuschauern jede Truckcrew auf, mit dem Horn uns zu grüssen. Die eine oder andere Hand kommt winkend aus dem Beifahrerfenster. Nur die Japaner haben keine Zeit, sondern schauen wahrlich verbissen auf die Strecke.

Der Versorgungstruck der Nissan hält direkt auf der gegenüberliegenden Strassenseite und informiert die Polizisten darüber, dass sich ein Auto überschlagen hätte. Man müsse die Nummernschilder bergen lassen. Ich frage mich nur, wie der mit dem Truck von der hohen Strassenböschung wieder runterkommt. Mit unserem Ranger wäre das schon ein Problem. Ich lerne dazu: Man fährt die Böschung einfach platt. Es wird langsam dunkel und es kündigt sich an, dass das Schauspiel zu Ende geht. Wir möchten uns noch heute auf den Heimweg machen. Es sind etwa 40 Kilometer zurück zur asphaltierten Hauptstrasse, die uns dann noch 18 Kilometer nach La Cumbre bringt.

Die Polizei gibt die Strasse frei und wir fahren vorsichtig los. Wenn wir an unsere Kurve denken, können wir uns vorstellen, wie andere Stellen aussehen werden. Den Besenwagen habe ich nicht gesehen und bin ein wenig traurig. Schliesslich gehört der dazu, wenn man schon einmal an einer Dakar live dabei ist. Die stockdunkle Nacht wird vor uns plötzlich taghell. Ein Truck!!!!! Auf der schmalen Strasse kann man nicht mal anständig mit einem Auto kreuzen. Und jetzt? Wir fahren den Ranger so weit wie möglich ins Gebüsch, atmen tief ein und der Truck passiert uns hupend. Vorsichtig geht es weiter.

Inzwischen fahren wir in einem Konvoi von Zuschauerautos. Nach einer Rechtskurve sehen wir dann ein kolossales Hindernis. Der Besenwagen! Er leuchtet uns den Weg aus, wo wir ihn kreuzen können. Ich hätte niemals im Leben gedacht, dass man an dieser Stelle irgendetwas kreuzen kann. Wir jubeln beide im Auto. Die Dakar ist standesgemäss beendet. Wir haben den Besenwagen noch gesehen.

Das war noch nicht ganz der Abschluss. An einer breiteren Stelle überholen wir den Pechvogel des Überschlags, der von einem weiteren Truck abgeschleppt wird.

Als wir um Mitternacht in unser Dorf einfahren, werden wir von unseren Freunden gesichtet und empfangen. Wir sind zwar ein wenig müde, total verdreckt aber voller Stolz auf jedes Foto, jedes Staubkorn und können im ersten Moment gar nicht beschreiben, was das für ein tolles Erlebnis war.

Und nun satteln wir wieder unser Motorrad und unser Quad und fahren gemütlich unsere privaten Rallyes, reparieren unsere eigenen Reifenschäden und lassen uns Benzin und Verpflegung an verschiedene Orte im Outback bringen.

Hasta luego, historia!

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